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Vorlesungsverzeichnis >> Philosophische Fakultät und Fachbereich Theologie (Phil) >>

  Tiefenhermeneutische Organisationsanalyse

Dozentinnen/Dozenten
Dr. Markus Gottwald, Sebastian Ixmeier, M.A.

Angaben
Hauptseminar
2 SWS, Blockseminar
Zeit und Ort: Einzeltermine am 4.5.2018, 25.5.2018, 29.6.2018 10:15 - 17:00, 05.013
Vorbesprechung: 12.4.2018, 14:00 - 15:30 Uhr, Raum 01.053

Voraussetzungen / Organisatorisches
12.04.2018, 14:00 - 15:30 Uhr, Raum 01.053 (Vorbesprechung)
04.05.2018, 10:15 - 17:00 Uhr (s.t.), Raum: R 5.013
25.05.2018, 10:15 - 17:00 Uhr (s.t.), Raum: R 5.013
29.06.2018, 10:15 - 17:00 Uhr (s.t.), Raum: R 5.013
Voraussetzung für den Scheinerwerb: Mitarbeit in Arbeitsgruppen und Hausarbeit
StudOn-Passwort: Tiefenhermeneutik

Inhalt
In der Soziologie begreifen wir Organisationen als sinnhaft strukturierte Handlungszusammenhänge, die „wesentlich durch sprachliche Handlungen bestimmt und im Medium der Kommunikation reflektiert und geändert werden.“ (Klemm/Liebold 2017: 300). Pointierter ausgedrückt: Organisationen sind komplexe, entscheidungsbasierte soziale Systeme eigenen Rechts – und genau als solche sind sie zu untersuchen. Die Organisationsforschung steht damit vor einer besonderen Herausforderung, denn das, was Organisationen als soziale Systeme ausmacht, ist durchaus nicht offensichtlich. Freilich sehen wir, dass in Betrieben Güter und Dienstleistungen arbeitsteilig hergestellt werden, dass in Verwaltungen nach Aktenlage entschieden wird, dass Gerichtsverhandlungen klar definierten Verfahrensvorschriften folgen, dass das Personal von Fluggesellschaften Einheitskleidung trägt und dass Soldaten auf Befehl töten bzw. in Kauf nehmen getötet zu werden. In diesem Sinne fällt es auch nicht schwer, das, was eine interessierende Organisation ausmacht, herauszuarbeiten: So lässt sich bereits auf Basis von (verschriftlichten) Selbstbeschreibungen einer Organisation viel über deren selbstgesetzten Zwecke, Leistungen und Entscheidungsprogramme (z.B. Organigramm) erfahren, ebenso über deren Kultur, Mitglieder, zur Verfügung stehende Ressourcen (z.B. Finanzierung) und Motivationsmittel (z.B. Karriereperspektiven), die Historie oder die bearbeitete Umwelt (Kunden, Klienten; Märkte etc.). Ein noch klareres Bild ergibt sich aus Gesprächen mit Organisationsmitgliedern und anderen relevanten Personen. Man wird dann darauf aufmerksam, dass Zwecke, Programme und Leistungen eigensinnig gedeutet werden, dass es zu Zweckzuschreibungen kommt, die in keiner Satzung stehen, oder dass Handlungsprobleme auftreten, die auf organisationale Arbeitsbedingungen oder Erwartungen verweisen, deren Bearbeitung ein spezifisches Wissen und Vorgehen erforderlich macht. Und ein nochmals besseres Verständnis entsteht, wenn Forscher selbst am Organisationsgeschehen teilnehmen, also am praktischen Vollzug der alltäglichen Organisationsherstellung partizipieren. Man wird dann bemerken, dass Organisationsprogramme in einem notorischen Spannungsverhältnis zur Handlungs- und Entscheidungspraxis stehen und dass das Organisationsgeschehen deshalb auch als kontinuierliche Übersetzungspraxis begriffen werden muss: abstrakt-generalisierte Regeln bedürfen der praktischen, den Spezifika je konkreter Interaktionssituationen Rechnung tragenden, Applikation. Folgender Schluss liegt nahe: Augenscheinlich hängt es von den gewählten Erhebungsinstrumenten und den dadurch gewonnen Datentypen ab, wie gut es Organisationsforschern gelingt, die Eigenheit und Komplexität einer Organisation zu rekonstru-ieren. Das stimmt – aber nicht ganz. Worauf es letztlich ankommt ist die Datenanalyse, denn diese würde am Verstehen des sozialen Systems Organisation vorbeizielen, führte sie lediglich zum Zusammentragen formaler Festlegungen, subjektiver und kollektiver Deutungen sowie diverser Praktiken des organizing und strategizing. Organisationssysteme schälen sich aus der gesellschaftlichen Praxis heraus und damit sind der Organisationsanalyse eine Reihe von Fragen zur Bearbeitung aufgegeben: Vor dem Hintergrund welcher gesellschaftlichen Rationalitäten, Imperative und Regeln differenziert sich die Organisation überhaupt aus, reproduziert und transformiert sie sich? Wie wird dem Handlungs- und Kommunikationszusammenhang Organisation eine spezifische Gestalt verliehen? Welche Übersetzungsnotwendigkeiten und -zwängen drücken sich in den Praktiken des Organisierens bzw. Entscheidens sowie den subjektiven und kollektiven Deutungen des Organisationsalltags aus? Im Seminar „Tiefenhermeneutische Organisationsanalyse“ setzen wir bei der erkenntnis-, gesellschafts- und organisationstheoretisch wohl begründeten Annahme an, dass die von uns erhobenen Daten Ansatzpunkte bzw. Spuren für die Erkundung tieferliegender (latenter) struktureller Handlungsbedingungen bilden; Handlungsbedingungen, in denen die beobachtbaren Praktiken des Organisierens fundieren und in denen das Wissen der Organisationsmitglieder über und von ihrer Organisation selbst ankert. Damit werden im Seminar drei Ziele verfolgt: Zum Ersten wird es um die Erarbeitung eines adäquaten, sprich: gesellschaftstheoretisch fundierten Organisationsbegriffs gehen. Zum Zweiten werden hermeneutisch-sinnrekonstruktive Auswertungsverfahren vorgestellt (Objektive Hermeneutik; Dokumentarische Methode; Makrohermeneutik), die zwar nicht dezidiert für die Organisationsanalyse bestimmt sind, einer solchen aber fruchtbar zuarbeiten können. Und zum Dritten schließlich, werden wir uns selbst als tiefenhermeneutisch geschulte Organisationsanalytiker in der Interpretation von Interviews und Protokollsätzen versuchen. Letzteres bildet den Schwerpunkt des Seminars, weshalb wir uns auf Studierende freuen, die mit uns gemeinsam in diskussionslauniger Runde Spaß daran finden, sozusagen die Organisation auf die Couch zu legen.

Empfohlene Literatur
  • Bohnsack, Ralf (2017): Praxeologische Wissenssoziologie. Opladen & Toronto: Barbara Budrich.
  • Gottwald, Markus (2016): Die Sprache nichtsprachlicher Praxis. Eine makrohermeneutische Perspektive. In: Raab, Jürgen/Keller, Rainer (Hrsg.): Wissensforschung – Forschungswissen. Beiträge und Debatten zum 1. Sektionskongress der Wissenssoziologie. Weinheim; Basel: BeltzJuventa, S. 611-622.

  • Klemm, Matthias/Liebold, Renate (2017): Qualitative Interviews in der Organisationsforschung. In: Handbuch empirische Organisationsforschung. Wiesbaden: Springer, S. 299-324.

  • Luhmann, Niklas (2005b): „Interaktion, Organisation, Gesellschaft. Anwendungen der Systemtheorie“. In: Ders.: Soziologische Aufklärung 2. Aufsätze zur Theorie der Gesellschaft. 5. Aufl., Wiesbaden: VS Verlag für Sozialwissenschaften, S. 9-24.

  • Nassehi, Armin (2011): Die Organisation der Gesellschaft. In: Ders.: Gesellschaft der Gegenwarten. Studien zur Theorie der modernen Gesellschaft II. Frankfurt a. M.: Suhrkamp, S. 193-237.

  • Overmann, U, Allert T, Konau, E, Krambeck J (1979): Die Methodologie der objektiven Hermeneutik und ihre allgemeine forschungslogische Bedeutung in den Sozialwissenschaften. In: Soeffner, HG (Eds.): Interpretative Verfahren in den Sozial- und Textwissenschaften, Stuttgart: Metzler, 352-434.

  • Renn, Joachim (2018): Makroanalytische Tiefenhermeneutik. Qualitative Sinnrekonstruktion als Gesellschaftsanalyse. In: Müller, Stella, Zimmermann, Jens (Eds.): Milieu – Revisited. Forschungsstrategien der qualitativen Milieuanalyse, Wiesbaden: Springer VS, 157-246.

Zusätzliche Informationen
Maximale Teilnehmerzahl: 25
Für diese Lehrveranstaltung ist eine Anmeldung erforderlich.
Die Anmeldung erfolgt von Montag, 26.3.2018, 8:00 Uhr bis Sonntag, 22.4.2018, 24:00 Uhr über: mein Campus.

Institution: Institut für Soziologie
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